Die Fuente - Ein Film aus dem Kohlenpott
Der Ruhrbergbau als moderne Industrie und attraktiver Arbeitgeber, der Menschen unterschiedlichster Herkunft gute Arbeitsbedingungen und sozialen Aufstieg bietet: "Die Fuente" ist einer von zahlreichen Anwerbefilmen, die die Branche in den 1950er- und 1960er-Jahren in Auftrag gab, um Arbeitskräfte für die Zechen zu gewinnen.
Der Film
"Fuente" ist das spanische Wort für Quelle oder Brunnen, und damit ist der zentrale Ort der Filmhandlung bezeichnet: Eine Bergmannskneipe in einem alten, für das ländliche Ruhrgebiet vor der Industrialisierung typischen Fachwerkhaus in Mülheim, direkt an der B 1. Das Haus steht übrigens noch heute und beherbergt eine historische Gaststätte und ein Kulturzentrum. Doch zurück zum Film: Nach über zwanzig Jahren kehrt Albert Könders, Sohn eines Steigers, in seine alte Heimat zurück. Nachdem er das Haus seines Großvaters aufgesucht hat, führt ihn sein Weg in "Die Fuente", die ihm noch aus seiner Jugend bekannt ist. Schnell erkennen sich Albert und der Wirt Otto Bruns als alte Bekannte wieder, deren Großväter eng miteinander befreundet waren. Im Lokal sitzen auch Bergleute aus drei Generationen in geselliger Runde beisammen. In ihren Gesprächen und idealtypischen Schicksalen werden Vergangenheit und vor allem Gegenwart des Lebens und Arbeitens im Ruhrbergbau lebendig.
Treffpunkt für Generationen
Da ist der alte Bergmann Friemel, der noch mit Hacke und Schaufel malocht hat und von den Mühen der Arbeit unter Tage und dem kargen Leben der Bergarbeiter in früheren Zeiten erzählt. Da ist Ralle, der ehemalige Kunstmaler aus Dresden, der in den Wirren nach dem Zweiten Weltkrieg im Ruhrgebiet eine neue Heimat fand. Da ist vor allem Willi aus Ostpreußen, der gerade zum Strebführer befördert worden ist. Er hat es "jetzt geschafft" und lebt mit seiner Familie in einem schmucken Haus mit Garten. Für Willi ist "alles prima". Da ist schließlich Klaus, der Jüngste in der Runde, der noch als Kleinkind aus dem Sudetenland in das Ruhrgebiet kam und nun in einer modernen Zeche arbeitet. Sie alle kamen ins Ruhrgebiet und zum Ruhrbergbau, wurden hier heimisch und wuchsen mit der Zeit zu einer Gemeinschaft zusammen.
Schmelztiegel Bergbau
Mit diesen idealtypischen Biografien beschwört der Film das Gemeinschaftsgefühl der Bergleute untereinander. Damit weist er der Bergarbeit eine besondere integrierende Kraft und damit dem Bergbau die Rolle als Schmelztiegel in der Neuformierung der Ruhrgebietsgesellschaft nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zu. Dieser Rekurs war in den 1960er-Jahren vor dem Hintergrund der Anwerbemaßnahmen der Branche durchaus aktuell. Nachdem bereits 1955 mit Italien ein Anwerbeabkommen abgeschlossen worden war, kamen in dieser Zeit nun auch Spanier, Griechen, Türken und Jugoslawen in immer größerer Zahl in das Ruhrgebiet, wo sie oft genug den Vorbehalten der Einheimischen begegneten.
Das Bild des modernen Bergmanns
Vor allem Willi und Klaus repräsentieren den modernen Bergmann. Er muss im Gegensatz zu früher nicht mehr körperlich hart arbeiten. Das gilt für Willi als "Bergmann von heute", vor allem aber für den jungen Klaus als "Bergmann von morgen". Er berichtet von seiner Zeche, deren Modernität mit Bildern von der neu erbauten, erst 1964 eingeweihten Schachtanlage 4, Hoerstgen, des Bergwerks Friedrich Heinrich in Kamp-Lintfort belegt werden sollen. Hier, so suggeriert der Film, läuft alles per Fernsteuerung und auf Knopfdruck. Der "Bergmann von morgen" erscheint nur noch als Kontrolleur und Bediener von Maschinen in einem mechanisierten Grubenbetrieb. Zur hohen Arbeitszufriedenheit würden auch die guten Aufstiegschancen sowie die hohe Wohn- und Lebensqualität der Bergleute beitragen. Kurz: Die "Kumpels leben heute nicht schlecht".
Film soll Arbeitskräfte werben
Dass das so gezeichnete Bild kaum der damaligen Realität entsprach und den Bemühungen der Bergbauunternehmen um die Anwerbung von Arbeitskräften geschuldet war, zeigt der Kommentar eines Bergmanns in dem Buch "Das Ruhrgebiet im Film" aus dem Jahr 1978: "Von den schweren Arbeiten haben sie nichts gesagt. – [...] Die haben das so rausgestellt, als wenn ein Strebführer wer weiß was ist. Früher haben sie Ortsältester gesagt, heute sagen sie Strebführer. Gratuliert! Das war ein Film, der sollte so tun, als ob das ein wunderbarer Job wäre. Die hätten lieber die wirkliche Arbeit zeigen sollen. Das waren Profis. Aber was die damit bezwecken ist eine andere Sache. Die tun so, als ob der Kumpel praktisch nicht mehr arbeiten müßte, nur noch auf ein Knöpfchen drücken, feines Haus."
Technische Infos
Produktionsjahr: 1965
Format: 16-mm-Lichtton, Farbe
Länge: 14 Minuten
Auftraggeber: Unternehmensverband Ruhrbergbau, Essen
Produzent: Peter von Zahn-Produktion
Regie: Heinz Pohl
Kamera: Emilios Konitsiotis
Ton: Henning Ruete
Kontakt & Infos
beim Deutschen Bergbau-Museum Bochum
44791 Bochum